Innlandsflüge in Süd- und Mittelamerika sind verdammt teuer, aber diesmal habe ich mir den Luxus gegönnt und bin von Santiago nach Punta Arenas nahe der Magellanstraße geflogen und habe so die 2.200 km in knapp fünf Stunden (mit Zwischenlandungen) zurückgelegt.
Leider fing gerade die Saison in Punta Arenas erst an und so sagte man mir im Reisebüro, dass für einen Individualreisenden momentan leider keine Touren angeboten werden. Nur Gruppen könnte man Exkursionen anbieten. So habe ich mir im Hostel ein Fahrrad gemietet und ein wenig die Umgebung erkundet. Abends war ich lecker Essen und am nächsten Tag ging es dann direkt weiter nach Ushuaia in Argentinien.
Nach 13 Stunden Busfahrt auf Schotterpisten, Überquerung der Magellanstraße und der argentinischen Grenze bin ich endlich in Ushuaia angekommen, dem selbsternannten "Ende der Welt". Zumindest der Titel "Stadt am Ende der Welt" lässt sich rechtfertigen, denn per Definition gilt Ushuaia mit 80.000 Einwohnern als Stadt und weiter südlich findet man nur noch kleine Siedlungen, beispielsweise Puerto Williams auf chilenischer Seite mit 8.000 Einwohnern.
In Ushuaia war ich im Parque Nacional de Tierra del Fuego wandern, bin dort den wunderschönen dreistündigen Küstenpfad gelaufen und habe den zweistündigen Aufstieg (1000 Höhenmeter) zum Cerro Guanaco gemeistert.
Das Highlight waren aber definitiv meine zwei Tauchgänge im Beagle Kanal, bei 6 Grad Wassertemperatur! Der Spass war relativ teuer, 150 US$, aber ich wollte unbedingt den Stempel in meinem Tauchlogbuch. Außerdem muss man bei den Temperaturen einen Trockenanzug verwenden, welcher etwas Erfahrung in der Handhabung voraussetzt. So hatte ich dann auch beim ersten Tauchgang Probleme mit der Tarierung. Man muss zusehen, dass man waagerecht im Wasser liegt: sobald man den Oberkörper absenkt, geht die Luft des Trockenanzuges in die Beine und man bekommt diese dann nicht mehr herunter und hängt ziemlich schief im Wasser. Da hilft nur eine langsame Rolle vorwärts. Aber trotz der Schwierigkeiten und einer Sicht von nur 6 Metern habe ich dennoch viele Krabben (tellergroße King Crabs), Krebse, Langusten und andere Schalentiere gesehen. Der Boden des Kanals ist voll damit, es gibt fast keinen Platz, um seine Flosse dort abzusetzen.
Der zweite Tauchgang war auch ok, vor allem die riesigen Algen, Kelbs genannt, waren beeindruckend. Diese ragen vom Boden bis zur Wasseroberfläche und bilden einen Unterwasserurwald, der wunderschön anzusehen ist, vor allem wenn die Sonne von oben hereinscheint.
Einen Abstecher nach Valdivia konnte ich mir nicht verkneifen: immerhin wird hier Chiles bestes Bier gebraut! Na, woher stammt wohl der Braumeister, der die Braürei gegründet hat? Richtig, aus Deutschland. 1850 ist Hermann Immanuel Kunstmann von Lüttichau aus der Nähe von Dresden nach Valdivia ausgewandert und hat hier die Braurei Kunstmann gegründet. Seitdem wird nach dem Reinheitsgebot von 1516 begraut und das Bier ist wirklich lecker.
Die Landschaft um Valdivia ähnelt sehr der Heimat. Hier ist gerade Frühling und die Wiesen sind voll mit Gänseblümchen und Löwenzahn. An jeder Ecke werden frische Erdbeeren verkauft. Alte Omis bieten "Kuchen" (sprechen die hier Kuuutschen aus :-)) an, man bekommt wie bei Grossmuttern Rabarber-, Steussel- und Erdbeerkuchen.
Viele Straßennamen zeugen nach wie vor davon, dass Valdivia im 19. Jahrhundert das Zentrum der deutschen Auswanderer in Chile gewesen ist.
Von Santiago de Chile aus habe ich mich Abends in den Bus gesetzt und auf nach Valparaiso am Pazifik gemacht. Die Stadt war Chiles wichtigster Hafen und die Altstadt ist UNESCO Weltkulturerbe. Valparaiso ist auf mehreren zum Teil sehr steilen Hügeln gelegen und dementsprechend kommt man ziemlich außer Atem, wenn man die Stadt erkundet. Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts wurde eine Vielzahl von Liften gebaut, mit denen man sich einiges an Schweiß und Anstrengung sparen kann. Diese alten Schätzchen sind ein wirkliches Erlebnis und werden alle privat betrieben. Bei der alten Technik kommen allerdings Zweifel bezüglich der Sicherheit auf. Hat Chile wohl einen TÜV wie wir in Deutschland?
Valparaiso hat seinen eigenen Charme: es finden sich noch viele unrenovierte Gründerzeitvillen und alles hat einen Flair von vergangenem Wohlstand. Diese Atmosphäre ist vielleicht auch Grund, warum jedes Jahr hunterttausende Besucher hier Silvester feiern und das grandiose Feuerwerk im Hafen bewundern.
Ganz anders ist dagegen die Nachbarstadt Vina del Mar, die man über eine fünfzehnminütige S-Bahn-Fahrt erreicht: hier findet man lange Sandstrände und am Wochenende kommen die Städter aus Santiago um sich hier zu entspannen und die Strände zu überfüllen. Vina ist eine moderne Stadt und hat den Flair eines x-beliebigen Urlaubsortes.