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Blog Transafrika 2010/2011

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Plovdiv

19. September 2010, Martin Erichsen - Europe

Plovdiv, komischer Name, habe ich vorher noch nie gehört. Ich bin aber sehr froh, dass ich nicht in Sofia Halt gemacht und mich mal wieder auf den Rat des Lonely Planet verlassen habe. Sofia soll nur mäßig interessant sein, außerdem läuft man dort Gefahr, von Rudeln streunender Hunde  zerfleischt zu werden.

Da ist Plovdiv ganz anders, Bulgariens drittgrößte Stadt hat eine lange Geschichte und eine wunderschöne Altstadt. Erobert von dem Mazedonischen König Philipp II, Alexanders Vater, und sogleich in Philippopolis umbenannt, dann Teil des römischen Reiches, anschließend zur wichtigen Handelsstadt im ersten Bulgarischen Reich aufgestiegen, den Türken zum Opfer gefallen und 500 Jahre von den Osmanen beherrscht wurde Plovdiv Ende des 19.  Jahrhunderts ein reicher Wirtschaftsstandort im wiedergeborenen Bulgariens. Aus dieser Zeit stammen die herrschaftlichen Holzvillen, deren Stil als Bulgarischer Barock bezeichnet wird und von denen einige samt Mobiliar sehr gut erhalten sind.

Es gibt noch eine Reihe von Museen, ein römisches Amphitheater und orthodoxe Kirchen, alles praktischerweise in unmittelbarer Nähe des Plovdiv Guesthouse. Ich konnte so Wäschewaschen und Sightseeing miteinander verbinden.

Ich bin dann, weil alles so gemütlich und bequem war, noch einen Tag länger geblieben und habe einen Ausflug zur Burg in Asenovgrad und zum Nähe gelegenen Batschkovo Kloster gemacht. Als ich an der Burg ankam leuchtete die Blinkerwarnlampe, obwohl der Blinker ausgeschaltet war. Da ist wohl bei der Wäsche kurz vorher Wasser eingedrungen. Der Wärter der Burg kam an, ein junger Typ, und fragte was den los sei, er wäre selbst Motorradfahrer und Mitglied in einem Motorradklub, den Tornados in Asenovgrad. Wenn ich Hilfe benötigen würde, sollte ich einfach zum Klub fahren. Wir haben uns länger unterhalten, wie das eben so ist unter echten Bikern. Zum Abschied hat er mich nochmal herzlich eingeladen und mir noch einen Sticker für meine Kutte gegeben.

Bilder Plovdiv


Belgrad

19. September 2010, Martin Erichsen - Europe

Bei feuchten 15 Grad habe ich Budapest verlassen und mich in Richtung Belgrad aufgemacht. Das Wetter hat sich aufgeklärt und bei angenehmen sonnigen 25 Grad bin ich dann nach einer langweiligen Autobahnfahrt in Belgrad angekommen. Ich musste feststellen, dass meine Garmin-Europakarte Belgrad leider nicht abdeckt, was mich doch in Sorge brachte, ob ich in der Rush-Hour (die Serben fahren wie die gesengten Säue) und  zusätzlich bei kyrillischen Straßenschildern mein Hostel finden würde. Was waren das für Zeiten ohne GPS, in denen man nach dem Weg gefragt hat. Das habe ich auch getan und zum Glück war ich ganz in der Nähe, nur einmal abbiegen und ich stand  direkt vor dem Tash-Inn.

Belgrad ist schnell, laut, die Spuren des Sozialismus und der NATO-Bombardierung von 1998 sind noch vorhanden, gleichzeitig strahlt die Stadt eine unglaubliche Lebenslust aus. Ich bin am Sonntag Abend  angekommen und die Straßen, Cafés und Pubs waren bis spät in die Nacht so voll wie bei uns am Wochenende. Ich bin dann auf Empfehlung meines Hostels in einer Pop-Rock-Bar gelandet und habe mir noch ein paar Absacker genehmigt. Um 1 Uhr wurde der Laden mit Live-Cover-Band voll und als ich dann kurz nach 2 Uhr ging, kochte die Stimmung gerade.

Ich werde auf jeden Fall wiederkommen, nirgendwo in Osteuropa gibt es ein vergleichbares Nachtleben und das sieben Tage die Woche.

Bilder Belgrad


Dresden, Prag und Budapest

11. September 2010, Martin Erichsen - Europe

Erster Stopp ist Dresden, wo ich nach fast 600 Kilometern im Sattel ziemlich groggy ankomme. Nach einer Nacht im Hostel Mezcalero in der Neustadt, der Name weckt bei mir gleich Erinnerungen an Oaxca und wilde Nächte im Central mit Mezcal flaschenweise, geht es zur Frauenkirche, in den Zwinger und in die faszinierende Jeff Wall Ausstellung im Albertinum. Jeff Wall hat mich sehr beeindruckt, die Bilder wirken zufällig, Straßenszenen, sind aber bis ins kleinste Detail arrangiert und komponiert. In den 70er Jahren wurde er mit berühmt, vor allem weil er als erster seine Bilder in riesigen Leuchtkästen ausgestellt hat.

Bilder Dresden

Am nächsten Tag sind nur 150 Kilometer nach Prag zurückzulegen, also eine erholsame Etappe. Allerdings ist es herbstlich kalt und 16 Grad sind auf dem Motorrad doch schon ziemlich schattig, trotz Schutzkleidung und Fleece. Ich finde meine Herberge, das Boathouse direkt an der Moldau etwas außerhalb dank Navi sofort und habe so noch einen guten halben Tag, um mir Prag anzusehen und wandere durch die Altstadt, über die Karlsbrücke und verschaffe mir einen Überblick. Tags darauf ist dann die riesige Prager Burg dran, anschließend geht es in das Kafka Museum und ich beschließe bei nächster Gelegenheit wieder etwas, wenn nicht alles, von Kafka zu lesen. Die Schullektüre "Die Verwandlung" ist mir nur noch sehr vage in Erinnerung geblieben, denn unter Zwang und damals noch ohne genügend Lebenserfahrung konnte ich damit wenig anfangen. Ich denke jetzt mit dem Alter kann ich Kafkas Gefühlswelt besser verstehen und finde sie sogar faszinierend.

Bilder Prag

Nach weiteren 500 Kilometern komme ich bei strömendem Regen in Budapest an. Es gibt ja bekanntlich kein Schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung und ich bin bestens ausgerüstet. Meine Motorradkleidung ist dank semipermeabler Membran wasserdicht und hält mich trocken. Das von mir am Morgen kurzfristig gebuchte Gasthaus hat leider doch keine Zimmer frei, ein bedauerlicher Fehler, aber dafür habe ich ein Zimmer in der Pension Villa Julia (Viktor Klemm, mobil 06-304272572, s.2000@chello.hu) in Buda direkt unterhalb der Burg bekommen. Etwas abseits, aber dafür geschätzte 150 Kubikmeter in einer tollen Gründerzeitvilla für nur 25 Euro pro Nacht und WiFi gibt es auch noch.

Heute morgen war ich in der Kunsthalle und anschließend habe ich mich drei Stunden im in den heißen Thermalbecken und der Sauna entspannt. Ich bin sogar zehn Lagen Brust geschwommen und habe mir darauf direkt ein paniertes Schnitzel mit Pommes und einem großen Bier gegönnt.

Was mache ich heute Abend? Vielleicht suche ich die Kneipe an der Straßenbahnstation mit dem netten Publikum in der ich mit Dirk anno 2005 so schön abgestürzt bin … ein Geheimtipp, der auch ganz den Geschmack meines Freundes Marco treffen würde :-)

Mist, es schüttet schon wieder wie aus Eimern.

Bilder Budapest