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Blog Transafrika 2010/2011

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Van & Berg Ararat

15. Oktober 2010, Martin Erichsen - Middle East

Die Fahrt vorbei an Diyarbakir (woher Mesut Özil stammt, wie mir viele Kurden stolz erzählt haben und deshalb große Sympathien für die Deutsche Nationalmannschaft hegen) nach Tatvan am Westufer des Van-Sees war anstrengend, aber sehr schön und ohne größere Zwischenfälle. Auf der Hälfte der Strecke und 250 Kilometern erreicht man die Großstadt Batman, nach welcher es langsam aber stetig aufwärts geht, von etwa 600 auf 1.700 Meter, was den Van-See einen der am höchsten gelegenen Seen der Welt macht. Die Temperatur sinkt spürbar, so dass es in Tatvan doch schon sehr kühl und windig ist. Die Shorts kann ich erst mal im Alukoffer lassen. Abends regnet es auch noch, dafür ist der nächste Tag sonnig und dadurch auch etwas wärmer. Ich bin froh, mit meinem Motorrad unabhängig zu sein, denn so ist die Tour zum (zweiten) Mt. Nemrut ein Kinderspiel. Die 13 Kilometer lange Schotterpiste zu dem ehemaligen Vulkan ist gut ausgebaut und das Tor zu der eigenen Welt des großen Kraters, der drei Seen und mehrere unterschiedliche Vegetationsbereiche enthält. Eine unglaubliche Szenerie und ein umwerfender Blick von der Kraterkante auf den See und Tatvan. Ich wollte eigentlich die Fähre von Tatvan nach Van am Ostufer des Sees nehmen, welche vier Stunden für die Überfahrt benötigt und hauptsächlich Güterwagons mit Ziel Iran transportiert, da es keine verbindende Bahnlinie um den See gibt. Leider hat diese keinen festen Fahrplan und fährt morgens und mittags los, wenn die Waggons angekommen und verladen wurden. So habe ich zweimal die Abfahrt verpasst und dann die Route über das Südufer genommen. So konnte ich auf dem Weg an der armenischen Akdamar Kirche auf der gleichnamigen Insel Halt machen. Diese konnte aufgrund ihrer Lage die muslimische Eroberung unbeschadet überleben und beeindruckt durch ihre kunstvollen Fresken und Darstellung biblischer Szenen in Stein.Van ist eine staubige 300.000 Einwohner zählende Grenzstadt, welche außer die den See überblickende Festung und die zerstörte und als Grundriss erhaltene Altstadt keine erwähnenswerten Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. Dennoch wird sie dem Vorurteil des rückständigen, traditionellen, streng gläubigen Ostanatoliens nicht gerecht: das Straßenbild ist modern, viele Frauen sind modisch gekleidet und zu einem großen Teil unverschleiert, durch die Universität sieht man viele Studenten und es gibt sogar zwei Bars mit Live-Musik.Am zweiten Tag nach einem Frühstück mit Suzuc (würzige Wurst), Ei, Salat, Käse und leckerem frischen Fladenbrot auf der berühmten "Frühstücksstraße" mit den in der ganzen Türkei bekannten Khalvati Salonu's, den Frühstücksrestaurants, habe ich mich in Richtung Südosten aufgemacht und das kurdische Hinterland zu erkunden. Ziel waren die Festung Hosap aus Ottomanischer Zeit und die Urartische Stadt Cavustepe. Auf dem Weg überquert man einen 2.225 Meter hohen Pass mit atemberaubendem Blick über den See. Abends habe ich dann Greg aus Sanliurfa wieder getroffen, der zufällig in meinem Hotel abgestiegen ist und wir sind direkt in eine der beiden Bars gegangen und haben einige Efes getrunken und kurdischer und türkischer Live-Musik gelauscht. Neben etwa fünfunddreißig rauchender, Raki und Bier trinkender Männern waren auch sage und schreibe drei Frauen anwesend, keine schlechte Quote. Ich habe noch nie einen so männerdominierten Laden gesehen, in welchem die Kerle so viel Spaß hatten und vor allem in dem so viel getanzt wurde.

Von Van aus ging es weiter zum heiligen Berg Ararat, auf welchem Noah seine Arche vor der Sintflut in Sicherheit gebracht hat. Mit 5.200 Metern ist er auch der höchste Berg der Türkei und durch seine symmetrische Form ein besonderer Anblick. Vorher muss aber noch ein weitere Pass nur wenige Kilometer von der Iranischen Grenze entfernt überquert werden. Schon allein die bizarre Lavalandschaft auf der Hochebene ist die 170 Kilometer lange Fahrt wert. Angekommen im Städtchen Dogubayazit fährt direkt vor mir ein zum Camper umgebauter Toyota Landcruiser mit Schweizer Kennzeichen. Der hält, als er mich sieht, an und ich komme mit Christa und Johann ins Gespräch, die auf dem Weg nach Indien sind. Ich folge ihnen zu Murat's Campingplatz unterhalb des Isak Pasa Palastes, anscheinend ein Geheimtipp für Overlander auf dem Weg in den Iran. Auf 2.000 Metern wird es Mitte Oktober schon kühl und die umliegenden Berge tragen schon Schneekappen. Am Abend haben wir eine illustre Runde bestehend aus den beiden Schweizern Globetrottern und Jesus aus Spanien, der den ganzen Weg auf dem Fahrrad zurückgelegt hat und ebenfalls weiter bis nach Indien radelt. Nach einem sonnigen morgen und Besuch des eindrucksvollen Palastes oberhalb des Campingplatzes, keinem freien Blick auf den Ararat, einem regnerischen Nachmittag und wiederum einem lustigen Abend mit Christa und Johann mache ich mich am darauf folgenden Tag auf den Rückweg. Die 500 Kilometer Richtung Syrischer Grenze sind anfangs kalt und windig aber ansonsten problemlos und ich komme abends in Midyat an. Dort entspanne ich, wasche mein Bike, finde endlich Ersatz für meinen Kettenreiniger und Kettenspray und mache mich am übernächsten Tag auf nach Syrien. Ich bin gespannt was mich dort erwartet und hoffe, das der Grenzübergang schnell und problemlos verläuft.

Bilder Van & Berg Ararat


Sanliurfa

08. Oktober 2010, Martin Erichsen - Middle East

Die nächste Etappe nach dieser Mörderfahrt war dann ziemlich kurz. Nach nur drei Stunden und 240 Kilometern vorbei am Atatürk Staudamm, dem viertgrößte Staudamm der Welt, kam ich am frühen Nachmittag in Sanliurfa an. Urfa, wie es genannt wird, ist nur 50 Kilometer von der Syrischen Grenze entfernt und die Moslems glauben, dass Abraham (der Prophet Ibrahim) hier gelebt hat. Deshalb ist Urfa auch die fünft heiligste Stadt des Islams und seine Moschee und der umgebende Gaten Baliki Göl mit den heiligen Karpfen Ziel vieler Pilger. 

Der Basar ist ein Labyrinth, in dem man sich zwischen all den Gewürzen, getrockneten Früchten und Chilis leicht verläuft. Für nur 5 TL kann man auf kleinen Schemels unerkannt an der Straße ein Shish Kebap essen, der zusammen mit Salat und frischem Ayran gereicht wird.

Abends im Hotel habe ich noch John aus Irland und Greg aus Neuseeland kennengelernt und wir haben das ein oder andere Efes getrunken. Direkt neben dem Hotel fanden wir praktischerweise einen Alkoholdealer in der ansonsten abstinenten Stadt.

Am nächsten Tag bin ich nach Harran gefahren, ein kleiner Ort bekannt für seine Bienenstockhütten aus Lehm. Das Alte Testament erwähnt Harran als Wohnort Abrahams, bevor er das Volk Israel nach Kanaa geführt hat. 

Nach einem weiteren Ruhetag (ich war zumindest im Archäologischen Museum von Urfa) habe ich mich dann auf zum Van-See im tiefen kalten Osten Anatoliens gemacht.

Bilder Sanliurfa


Kappadokien

01. Oktober 2010, Martin Erichsen - Middle East

Das mit dem Hinterland muss ich revidieren. Kappadokien, hier besonders das Städtchen Göreme, ist eine Haupttouristenattraktion der Türkei zu welcher die Pauschalreisenden in Busladungen herangekarrt werden. Die Feenkarmine, durch Erosion entstandene Felskegel, werden seit Jahrtausenden als Behausung, Kirche (es gibt geschätzt über 4.000 Felskirchen in Kappadokien) oder Taubenschlag verwendet, da der Tuffstein sehr weich ist und aushärtet, wenn er mit Sauerstoff in Kontakt kommt. In den Untergrund haben die Bewohner riesige unterirdische Städte gegraben, in denen sie sich für mehrere Monate vor Angreifern verstecken konnten. Die unzugängliche Gegend wurde von den ersten christlichen Gemeinden als Schutz vor der Verfolgung im römischen Reich genutzt, später nach der arabischen Invasion haben Christen des zurückgedrängten Byzantinischen Reiches hier überlebt.

In Göreme angekommen habe ich mich in der Panoramic Cave einquartiert, das Zimmer war mit 60 TL zwar eigentlich zu teuer, aber der Ausblick über die Stadt ist das Geld wert. Fast alle Pensionen in Göreme bieten Zimmer in den Feenkarminen an, die im Sommer angenehm kühl und im Winter schön warm sind und führen deshalb ein "Cave" im Namen. Ein weiterer Pluspunkt der Panoramic Cave war, das eine BMW R1200GS auf dem Parkplatz stand und ich bis dato noch keine Biker getroffen habe.

Es stellte sich heraus, dass die Gummikuh den Belgiern Nancy und Freddie gehört, die von einer kleinen Stadt in der Nähe Brügges bis nach Göreme gefahren sind. Abends beim gemeinsamen Grillen kamen wir ins Gespräch. Beide sind ebenfalls dem Reisefieber verfallen und viel herum gekommen, so konnten wir Reisegeschichten austauschen und haben uns auf Anhieb gut verstanden. Die nächsten zwei Tage erkundeten wir dann die märchenhafte Gegend zusammen auf unseren Stahlrössern und hatten viel Spaß. Freddie wäre fast direkt mit nach Kapstadt gekommen, ich hatte den Eindruck dass er wirklich für einen Augenblick mit dem Gedanken gespielt hat. Nancy hätte es ihm erlaubt, aber dann ob siegte doch die Vernunft und die beiden haben sich auf den Rückweg an der Küste gemacht.

Nach drei tollen Tagen mit sehr netten Bekanntschaften (ich werde die Gespräche mit Ina aus Holland nicht vergessen, die mir als erfahrene Türkeireisende noch viele Einsichten in das für mich verschlossene Leben der Frauen im ländlichen Anatolien gegeben hat), bin ich dann Richtung Kommagene aufgebrochen, wo der Berg Nemrut mit seinem unglaublichem Panorama und dem Tempel des Antiochus auf mich wartet.

Bilder Kappadokien