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Blog Transafrika 2010/2011

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Äthiopien

10. März 2011, Martin Erichsen - East Africa

Das Verlangen unseren Bierdurst zu stillen wurde noch dadurch verstärkt, das wir am letzten Tag des Jahres, ein Freitag, die Grenze passieren und dann gepflegt in Gonder, 90 Kilometer hinter der Grenze, ordentlich Silvester feiern wollten. Wir kamen um halb fünf an der Grenze an, auf Sudanesischer Seite gab es keine weiteren Probleme. Die Äthiopische Grenze ist heikel, das hatten wir schon im Netz gelesen, die Einreisebestimmungen ändern sich ständig und es gibt unzählige Berichte von Reisenden, die längere Zeit an der Grenze festgehalten wurden. Eine neue Regelung ist, dass man ein Schreiben der eigenen Botschaft benötigt, in der diese die Verantwortung für die Einfuhr des Fahrzeugs übernimmt, da Äthiopien zwar das Carnet anerkennt und stempelt, aber nicht dem Abkommen beigetreten ist. Jami und ich waren gut vorbereitet und hatten unsere Schreiben dabei, als wir jedoch am Zoll ankamen, sagte man uns nur ohne das Schreiben anzusehen, wir könnten nicht einreisen und sollten umkehren. Seit zwei Tagen gäbe es eine neue Regelung, keine ausländischen Fahrzeuge könnten einreisen. Während wir die Zollbeamten belagert und unsere Botschaften ohne Erfolg um Hilfe gebeten hatten, schlug es sechs Uhr und die Grenze wurde geschlossen. Erstaunlicherweise waren die Grenzbeamten nun freundlicher und boten uns an, wir können aus Sicherheitsgründen auf dem Zollgelände zelten und die Duschen benutzen. Jami und ich wollten aber zumindest etwas Komfort und so nahmen wir uns in Metema, der Grenzstadt, ein billiges Hotelzimmer. David, ein Fixer, der uns auf Schritt und Tritt folgte, war sehr hilfreich und im Grunde ein netter Kerl. Metema ist eine zwielichtige Grenzstadt, mit vielen Bars und Prostituierten, ein Rotlichtbezirk der jeder Großstadt zu Ehre gereichen würde, also nicht der schlechteste Ort um Silvester zu feiern.

Am nächsten Morgen und nachdem David sicher war, dass wir gewillt waren pro Nase 20 USD zu latzen, ging alles ziemlich schnell. Innerhalb von wenigen Minuten waren unsere Carnets und Pässe gestempelt und wir waren auf dem Weg nach Gonder.

Man ließt einiges Negatives im Netz über Äthiopien, vor allem bezüglich der bettelnden und steinewerfenden Kids. Es ist unmöglich irgendwo anzuhalten, ohne von zig Kindern umgeben zu sein, die pausenlos "Gimme Birr, gimme pen, gimme money" brüllen. Man sieht die Kleinen oft von über einem Kilometer heran laufen, ich bin ziemlich froh, mit dem Motorrad unterwegs zu sein, da kann man Gas geben und entkommen. Fahrradfahrer haben es da schwerer, einige berichten kilometerlang von denselben Kids verfolgt worden zu sein, nicht zu sprechen von Hundeattacken. Ich muss sagen, dass ich entgegen aller negativer Berichte keine schlechten Erfahrungen gemacht habe. Ich wurde nicht mit Steinen beworfen und mit Verständnis und viel Humor kann man jede Situation zum positiven Wenden. Meiner Meinung nach hat man als Reisender die Pflicht, die Neugierde der Einheimischen zu befriedigen und freundlich zu sein.

Äthiopien ist ein großartiges Land, die Kultur ist einzigartig. Es ist zusammen mit Georgien und Armenien das älteste christliche Land, im Jahre 300 n.Chr. wurde das Christentum Staatsreligion des Aksumitischen Reiches, dessen Wurzeln bis in das 4. Jahrhundert v. Christus zurückreichen.

Die Orthodoxe Äthiopische Kirche, deren Messe und Liturgie sowie deren Ikonographie seit Jahrhunderten unverändert ist, bildet das spirituelle Rückrat des Landes. Hier ist einfach alles anders: Injera, das Sauerteigfladenbrot, ist für Deutsche Zungen vertraut, andere Nationalitäten jedoch haben doch ziemliche Schwierigkeiten, sich an das Nationalgericht zu gewöhnen. Injera wir mit Wat (Gemüse in verschiedenen Variationen) und Tibbs (Fleischeintopf) gegessen, yummy. Die Kaffeekultur (Äthiopien gilt als Herkunftsland des Kaffees) ist ein Erbe der Italiener, man findet überall gute Espressomaschinen und der Macchiato ist stark und lecker.

Der einheimische Honigwein Tej wird traditionell in Azmari Lokalen getrunken, in welchen die Wandersänger, die Azmaris, improvisierte und humorvolle Lieder auf die Gäste singen, wie gerne hätte ich verstanden, was über uns gesungen und gelacht wurde.

Einige Strecken des nördlichen historischen Route waren landschaftlich atemberaubend und fahrerisch eine große Herausforderung an Mensch und Material. Die Schotterpisten haben beides doch sehr in Mitleidenschaft gezogen. Eine der schönsten und spannendsten Strecken die wir gefahren sind ist die von Korem nach Lalibela, 120 Kilometer über einen 3.500 Meter hohen Pass. Da hat es mich doch ein paar mal in den steinigen und engen Serpentinen umgeschmissen, es ist aber weder mir noch der Tenere etwas ernsthaftes passiert. Lalibela mit seinen komplett aus Stein gehauenen Kirchen ist der Höhepunkt einer jeden Äthiopienreise.

In Addis Abbeba hatten wir eine gute Zeit im Wim's Hollandhouse, ein Overlandertreffpunkt mit einer guten Bar. Addis ist ein riesiges Dorf und nicht wirklich sehenswert, dennoch haben wir es 8 Tage bei Wim ausgehalten, ich habe Motoröl gewechselt, Jami seine noch von seinem Unfall im Sudan leckende Gabel repariert. Von Addis sind wir zur schwierigsten Etappe der Ostroute aufgebrochen, der Strecke von Moyale, der Kenianischen Grenze, nach Marsabit. Diese Straße ist noch ungeteert und die Chinesen werden wohl erst in drei Jahren die neue Straße fertiggestellt haben. In der Zwischenzeit muss man auf einer 250 Kilometer langen und verdammt schlechten Schotterpiste eine Vulkanwüste durchqueren. Dieser Teilabschnitt ist im Grunde das einzige Stück auf der Transafrika-Ostroute, das nicht asphaltiert ist. In drei Jahren kann man dann, wenn man möchte, die gesamte Strecke von Deutschland bis nach Kapstadt auf einer Straßenmaschinen zurücklegen.

Bilder Äthiopien