Von dem Titikakasee aus ging es nach La Paz, der grössten und wichtigsten Stadt des Landes und dem Regierungssitz Boliviens. Die Hauptstadt ist Sucre, eine kleine Stadt von der Grösse Münsters südlich von La Paz, in welcher die Unabhängigkeit des Landes proklamiert wurde.
La Paz ist schon sehr beeindruckend und von seiner Lage her einzigartig: es liegt auf 3.660 m in einem Canyon und ist umgeben von El Alto, einer der am schnellsten wachsenden Städte der Welt. La Paz und El Alto haben beide jeweils 800.000 Einwohner.
Wenn man den Canyonrand von El Alto hinunter nach La Paz fährt, hat man einen athemberaubenden Blick über das Stadtzentrum. Im Gegensatz zu anderen Metropolen gilt, je tiefer desto wohlhabender und je höher, desto ärmer. Die besten Wohngegenden liegen weit unten im geschützten Canyon, denn dort ist das Klima viel milder und angenehmer.
Ich bin Sonntag abend angekommen und am Montag erreichte der vom Präsidenten Evo Moralez initiierte Protestmarsch der Campesinos und Indios La Paz. Evo hat eine neue Verfassung vorgelegt, welche die Rechte der Indios stärkten und sozial gerechter sein soll. Diese ist aber den wohlhabenden Halbmondstaaten (allen voran Santa Cruz) im östlichen Tiefland zu sozialistisch und so blockieren sie im Kongress die Entscheidung für ein Referendum. Um für dieses Referendum zu kämpfen und Evo zu unterstützen sind hunderttausende Bauern und Indios aus allen Landesteilen nach La Paz gezogen und ich war mitten drin. Die Proteste waren friedlich, denn der Konflikt findet nicht in La Paz und dem Hochland statt, da steht man hinter Evo, der schon fast überall wie ein Popstar gefeiert wird.
Nach einigen Zugeständnissen hat der Kongress am Dienstag dann dem Referendum am 25. Januar zugestimmt. So ist alles doch alles gut ausgegangen.
Bilder La Paz und Sucre
Nach den zwei Tagen in La Paz bin ich mit dem Nachtbus nach Sucre gefahren. Sucre liegt tausend Meter tiefer als La Paz und deshalb ist das Klima dort sehr mild. Sucre ist bekannt für seine Sprachschulen und hat eine rege Studenten- und Kneipenszene. Die Stadt hat mich sehr an Oaxaca in Mexiko erinnert, wo ich meinen Sprachkurs gemacht habe.
Als ich in Copacabana in meinem Hotel eincheckte, kam ich ins Gespräch mit dem Pärchen an der Rezeption, Paola und Reynaldo. Nach kurzem Smalltalk fragten sie mich, ob ich gerne tanzen würde. Klar, und schon wurde ich zur ersten Geburtstagsfeier ihres kleinen Sohnes Andry eingeladen. Ich war doch sehr erstaunt, dass die einen Wildfremden zu einer so privaten Feier einladen.
So habe ich mich dann abends in meiner extra für die Party gekauften Wolljacke mit Andenmuster auf den Weg ins "Christal Palace" gemacht. In der riesigen kaum gefüllten Halle war ich neben dem kleinen Geburtstagskind wohl die Hauptattraktion des Abends. Nach einer kurzen Zeit und einigen Bierchen fühlte ich mich aber dann ziemlich wohl und der Onkel von Paola aus dem fernen Santa Cruz gesellte sich zu mir. Da er auch keinen kannte, haben uns als wir noch im Stande dazu waren gut unterhalten und verstanden.
Es wurde unglaublich viel getrunken, vor allem Bier. Als Gastgeschenk sind wie bei unseren Studiparties Bierkästen üblich. Allerdings ist es in Bolivien Sitte, immer mehr Kästen mitzubringen, als der Gastgeber beim letzten mal auf der eigenen Feier mitgebracht hat. Deshalb rücken die Gäste mit vier oder fünf Kästen pro Person an und die Flaschen sind alle geöffnet, damit auch alles ja am gleichen Abend vernichtet wird.
Neben Bier bekommt man noch alle Nase lang Singani, dem Perus Pisco und Italiens Grappa ähnlichem Nationalgetränk, angeboten und so waren meine Beine nach kurzer Zeit gelockert, ich habe getanzt und den Latinos mal gezeigt, was Rythmusgefühl ist. Am Ende des Abends war ich wie alle anderen im Cristal Palace ordentlich blau und weiss nicht mehr genau, wie ich nach Hause gekommen bin.
Noch mit Muskelkater von meinem Ausflug in die Wanderwelt ging es auf nach Cuzco und in das heilige Tal, dem Zentrum des Inkareichs. Cuzco liegt auf 3300 Metern Höhe und dementsprechend ist es hier nachts ziemlich schattig, tagsüber entfachen die Sonnenstrahlen in dieser Höhe ihre Wirkung und es wird ordentlich heiss. Ich will ja nicht andauernd jammern, aber zu meinem Muskelkater gesellte sich in Cuzco noch eine ordentliche Erkältung, die mich einen Abend und einen Vormittag ans Bett fesselte.
So konnte ich auch nicht wie beabsichtigt einen alternativen Inkatrail laufen (DEN Inkatrail muss man mindestens ein halbes Jahr im Vorraus reservieren und noch dazu ist er mit weit über 300 US$ recht teuer), sondern musste den Zug zu dem "alten Gipfel" nehmen. Es gibt zwei Züge, einen günstigeren Backpacker-Zug und den teureren Vistadome mit Panoramadach inkluvive kleinem Snack an Bord. Ersterer war leider schon ausgebucht und so musste ich in den sauren Apfel beißen und 140 US$ für Hin- und Rückfahrt hinblättern. Dazu kommen noch 30 EUR Eintritt und 10 EUR Bustransfer vom Bahnhof in Aguas Calientes zu den Ruinen. Perurail hat aber leider ein Monopol auf die Strecke und so kommt man um die saftigen Preise nicht drumherum. Man kann etwas sparen, indem man ein Teilstück mit dem Bus fährt, aber so viel ist das dann auch wieder nicht und meiner Meinung nach lohnt sich der Stress nicht.
Natürlich ist der Machu Picchu trotz der hohen Anreisekosten und der Millionen von Touristen, die sich zwischen den Resten der alten Inkastadt tummeln, sehenswert. Die Landschaft und die Aussicht auf steile bewaldete Berge und athemraubende tiefe Schluchten ist einfach einzigartig.
Das heilige Tal und Cuzco haben natürlich noch eine ganze Menge weiterer Attraktionen zu bieten, ich habe unter anderem noch Sacsayhuamán (grösste Inkafestung und mit "Sexy Woman" hat man noch eine sehr gute Eselsbrücke), Coricancha (wichtigster Inkatempel, nachdem die Spanier das Gold nach Hause geschafft hatten, haben sie den alten Tempel mit einem beeindruckendem Kloster überbaut) und natürlich die Kathedrale, die Iglesia de la Compañia de Jesus und Iglesia San Blas angesehen, tolle Barockkirchen mit einem ganz eigenen andentypischen Stil: es wurden alte religiöse Elemente der Inkas eingearbeitet, um die neü Religion der einfachen Bevölkerung verständlich und schmackhaft zu machen. In der Iglesia de San Blas findet man beispielsweise Heiligenbildnisse mit eingearbeiteten Kokablättern.