Blog Weltreise 2008/2009

Nordindien Teil 1

Avatar of Martin Erichsen Martin Erichsen - 25. August 2009 - South Asia

Ich musste 7 Tage auf mein Indisches Visum in Bangkok warten. Aber dann ging es endlich los. Man muss sagen, egal wie erfahren man als Reisender ist, das erste mal in Indien ist immer überwältigend. Nirgendwo auf der Welt ist es so laut, so chaotisch, gibt es so viele Menschen und so viel Armut. Als ich in Delhi gelandet bin hat mich der Fahrer des Hotels in Pahar Ganj abgeholt. Ich hatte zum Glück einen Pick-Up-Service gebucht und saß nun in einem klimatisierten Taxi. Von dort ging es in mein Zimmer mit Klimaanlage und so wurde mir erst am nächsten Tag klar, wie unerträglich heiß es im August im indischen Flachland eigentlich ist. Das Quecksilber klettert tagsüber über die 45 Grad Marke, man kann sich kaum bewegen und versucht sich von Klimaanlage zu Klimaanlage zu hangeln. Jeder Pizza Hut oder McDonald's ist einem willkommen, um sich abzukühlen und ein kaltes Getränk zu sich zu nehmen.

Ich hatte mich nach meinen guten Erfahrungen mit Motorrad und Roller in Südostasien dazu entschieden, den Norden Indiens auf zwei Rädern zu erkunden. DAS Motorrad hierfür ist eine Royal Enfield, die im Grunde mit wenigen Änderungen unverändert seit über 60 Jahren gebaut wird. Seit dem Jahr 2000 werden die Bikes in Chennai in Indien produziert. Für etwa 1.000 Euro ist eine neue Enfield zu bekommen, gebraucht natürlich wesentlich günstiger.

Da ich keinen Motorradführerschein hatte und nur zwei Monate in Indien war, schien es mir günstiger und einfacher, eine Enfield zu mieten. Ich habe mich also in der Hitze auf den Weg nach Karol Bagh gemacht, um dort einen Vermieter meines Vertrauens zu finden. Über Empfehlungen bin ich an Tony Bike Centre geraten und Tony, der Inhaber, machte einen vertrauenerweckenden Eindruck (darin sind allerdings die indischen Händler generell sehr gut). Ich hatte aber schon im Internet recherchiert und die Bewertungen waren durchaus gut. Der Preis stimmte und Tony schaute auch nicht so genau auf meinen Führerschein, so dass ich mir dort für umgerechnet $450 eine Bullet 350 gemietet habe. Leider war die letzte Maschine mit modernem links schaltendem Getriebe gerade an einen jungen Iren vermietet worden, Lenny. Ich musste dann eine Bullet mit dem alten rechts schaltenden unsynchronisierten Getriebe nehmen. Lenny und ich haben uns näher unterhalten und festgestellt, dass wir am darauffolgenden Tag beide Richtung Manali aufbrechen wollten und so haben wir beschlossen, gemeinsam loszufahren. Und so fing alles an, im Nachhinein muss ich sagen dass die Reise in Indien definitiv der Höhepunkt meiner gesamten Weltreise war.

Es war schon schwierig aus Delhi herauszukommen, aber Lenny und ich haben uns an einem Sonntag früh am Morgen aufgemacht und noch einen Rickshaw-Fahrer bezahlt, uns den Weg zu weisen. Über Chandigarh ging es nach Shimla, der Sommerresidenz der Englischen Verwaltung von British-Raj (Indien). Die Engländer haben diese Bergresidenz auf 2.000 Meter Höhe gewählt um der unerträglichen Hitze im Flachland zu entgehen. Die Temperatur hier oben ist angenehm, tagsüber um die 25 Grad, Nachts wird es sogar recht kühl, was einer Erlösung nach der brütenden Hitze in Neu-Delhi gleichkommt.
Das Motorradfahren klappt auch soweit ganz gut, ab und zu haken die Gänge, ich habe mich noch nicht so ganz mit dem unsynchronisierten Getriebe der Enfield angefreundet. Ansonsten machen die 18 PS der Bulltet 350 (Einzylinder 350 ccm) Spaß, vor allem der Sound ist großartig, klingt wie eine fette Harley.
Von Shimla aus ging es nach Mandi, wo wir Evan aus Kanada getroffen haben. Er hat sich in Delhi eine alte Enfield gekauft. Als wir abends beim Essen saßen haben wir festgestellt, dass keiner von uns dreien einen Motorradführerschein besitzt. Die Anmeldung eines gekauften Fahrzeugs scheint also auch ohne gültigen Führerschein möglich.

Ziel des nächsten Tages war Manali am Fuße des Himalaya. Hier hieß es nochmal entspannen und Energie tanken für die Tour nach Leh in Ladakh. Auf dem Weg dorthin sind vier Pässe zu überqueren (Rohtang La 3978 m, der Baralacha La 4.892 m, Lachulung La 5.059 m und Taglang La 5359 m) und es gibt auf den gesamten knapp 400 Kilometern von  Keylong nach Leh keine Tankstellen und Unterkünfte. Leider ist dort Evan ausgefallen, weil sein Motorrad schon schlapp gemacht hat und Ersatzteile benötigt wurden, so dass er länger in Manali warten musste. Lenny und mir haben sich dann Aaron aus Australien und Jaehun aus Korea angeschlossen, Die beiden hatten sich in Manali Motorräder für die Tour gemietet und saßen zum ersten mal auf einem Motorrad. Es gibt also noch Verrücktere als Lenny und mich.

So ging es los auf den abenteuerlichsten Teil meiner Weltreise. Die vier Tage waren eines der tollsten Erlebnisse bisher.

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