Blog Transafrika 2010/2011

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Sanliurfa

08. October 2010, Martin Erichsen - Middle East

Die nächste Etappe nach dieser Mörderfahrt war dann ziemlich kurz. Nach nur drei Stunden und 240 Kilometern vorbei am Atatürk Staudamm, dem viertgrößte Staudamm der Welt, kam ich am frühen Nachmittag in Sanliurfa an. Urfa, wie es genannt wird, ist nur 50 Kilometer von der Syrischen Grenze entfernt und die Moslems glauben, dass Abraham (der Prophet Ibrahim) hier gelebt hat. Deshalb ist Urfa auch die fünft heiligste Stadt des Islams und seine Moschee und der umgebende Gaten Baliki Göl mit den heiligen Karpfen Ziel vieler Pilger. 

Der Basar ist ein Labyrinth, in dem man sich zwischen all den Gewürzen, getrockneten Früchten und Chilis leicht verläuft. Für nur 5 TL kann man auf kleinen Schemels unerkannt an der Straße ein Shish Kebap essen, der zusammen mit Salat und frischem Ayran gereicht wird.

Abends im Hotel habe ich noch John aus Irland und Greg aus Neuseeland kennengelernt und wir haben das ein oder andere Efes getrunken. Direkt neben dem Hotel fanden wir praktischerweise einen Alkoholdealer in der ansonsten abstinenten Stadt.

Am nächsten Tag bin ich nach Harran gefahren, ein kleiner Ort bekannt für seine Bienenstockhütten aus Lehm. Das Alte Testament erwähnt Harran als Wohnort Abrahams, bevor er das Volk Israel nach Kanaa geführt hat. 

Nach einem weiteren Ruhetag (ich war zumindest im Archäologischen Museum von Urfa) habe ich mich dann auf zum Van-See im tiefen kalten Osten Anatoliens gemacht.

Bilder Sanliurfa


Kommagene

03. October 2010, Martin Erichsen - Middle East

Ich bin so froh, mein Navi dabei zu haben. Dank Open Street Maps, eine Art Wikipedia für routingfähige Straßenkarten, kann ich meine Reiseroute komplett abdecken und mein Garmin 60Csx zeigt mir immer den Weg, selbst im wilden Kurdistan. Man muss allerdings sehr vorsichtig sein und jede Route auf der Karte abgleichen. Ich habe den Verdacht, es zeigt mir nicht die kürzeste Route, sondern die fahrerisch herausfordernste und schönste Strecke.

So habe ich diesmal allerdings bewusst dem Navi vertraut und die direkte Route von Göreme nach Kahta über mehrere Bergketten anstatt die langweilige schnellere Strecke außen herum gewählt. Ich hatte mich mit Ina beim Frühstück verquatscht und bin erst um 12 Uhr losgefahren, was sich noch rächen sollte. Anfangs war ich guter Dinge und die Landschaft, die abgelegenen Dörfer und die tollen Serpentinen haben mich in ein Stimmungshoch versetzt. Nach drei überquerten Pässen und vier Stunden später, habe ich dann gemerkt, dass sich die 500 Kilometer doch sehr hinziehen werde. Hinter Kahramanmaras kam ich auf dem vierten Pass in heftige Regenschauer und die Strecke, vor allem durch die in der Türkei omnipräsenten Baustellen, wurde sehr matschig. Der Regen wollte gar nicht aufhören. Die Sonne geht hier um sechs Uhr unter und ich es lagen zu dem Zeitpunkt noch 150 Kilometer vor mir. Ich hatte das Gefühl meinem Ziel in Zeitlupentempo näherzukommen. Es ist definitiv nicht empfehlenswert in der Dunkelheit zu fahren, vor allem weil es in der Türkei kaum Straßenbeleuchtung, sehr viele falsch eingestellte Scheinwerfer und, wie ich feststellen musste, Pferde auf der Straße gibt. Ich hatte großes Glück, denn ich habe mich an ein Dolmus gehängt, um besser den Weg durch die unzähligen schlecht markierten Baustellen zu finden, als es vor mir einen dumpfen Knall gab und das Dolmus abrupt bremste. Im Vorüberfahren konnte ich dann aus dem Augenwinkel ein anscheinend unverletztes aber dafür sehr verblüfft dreinschauendes dunkles Pferd erkennen.

Um halb neun bin ich schließlich in Kahta angekommen und habe auch ein vernünftiges Hotel gefunden. Im Lonely Planet wird Kahta als Ripp-Off-Town bezeichnet und das bekam ich in meinem Hotel direkt zu spüren. Man wollte mir eine Tour zum Mt. Nemrut für 120 TL andrehen, während ein Taxi laut LP nur 60 TL kostet. Am nächsten morgen, als es leider immer noch regnete, wurde ein neür Versuch gestartet und man sagte mir, es würde laut Wetterbericht noch mehrere Tage regnen, die Straße hoch zum Mt. Nemrut wäre sehr gefährlich und mit dem Motorrad nicht zu empfehlen. Ich habe mir dennoch einen schönen Ruhetag in Kahta gemacht. Die Kleinstadt ist absolut langweilig, ein reiner Verkehrsknotenpunkt. Ich habe mich anfangs nicht sehr wohl gefühlt, aber hatte dann doch einen tollen Tag, an dem ich nette Leute kennengelernt habe: ein Mitarbeiter des Hotels sprach ein wenig Englisch und beim Cay habe ich ihn in Backgammon abgezogen (ich muss zugeben, ein wenig Glück war auch mit im Spiel), ein Bauingenieur aus Gaziantep auf Wochenendausflug mit seiner Freundin und eine Grundschullehrerin, die in dem Hotel wohnt, weil sie die Abwechslung schätzt.

Am nächsten Tag bin ich dann bei Kaiserwetter nach Karadut am Fuße des Mt. Nemrut aufgebrochen. Dort traf ich auf eine Truppe von Isländern und ein Schweizer Pärchen auf Weltreise, mit denen ich abends, nachdem wir alle den Sonnenuntergang am Berg und die weltberühmten Köpfe diverser griechischer Gottheiten und der Herrschern Mithridates und Antiochus bewundert hatten, ein paar Efes trinken und den guten kurdischen Tabak genießen.

Bilder Kommagene


Kappadokien

01. October 2010, Martin Erichsen - Middle East

Das mit dem Hinterland muss ich revidieren. Kappadokien, hier besonders das Städtchen Göreme, ist eine Haupttouristenattraktion der Türkei zu welcher die Pauschalreisenden in Busladungen herangekarrt werden. Die Feenkarmine, durch Erosion entstandene Felskegel, werden seit Jahrtausenden als Behausung, Kirche (es gibt geschätzt über 4.000 Felskirchen in Kappadokien) oder Taubenschlag verwendet, da der Tuffstein sehr weich ist und aushärtet, wenn er mit Sauerstoff in Kontakt kommt. In den Untergrund haben die Bewohner riesige unterirdische Städte gegraben, in denen sie sich für mehrere Monate vor Angreifern verstecken konnten. Die unzugängliche Gegend wurde von den ersten christlichen Gemeinden als Schutz vor der Verfolgung im römischen Reich genutzt, später nach der arabischen Invasion haben Christen des zurückgedrängten Byzantinischen Reiches hier überlebt.

In Göreme angekommen habe ich mich in der Panoramic Cave einquartiert, das Zimmer war mit 60 TL zwar eigentlich zu teuer, aber der Ausblick über die Stadt ist das Geld wert. Fast alle Pensionen in Göreme bieten Zimmer in den Feenkarminen an, die im Sommer angenehm kühl und im Winter schön warm sind und führen deshalb ein "Cave" im Namen. Ein weiterer Pluspunkt der Panoramic Cave war, das eine BMW R1200GS auf dem Parkplatz stand und ich bis dato noch keine Biker getroffen habe.

Es stellte sich heraus, dass die Gummikuh den Belgiern Nancy und Freddie gehört, die von einer kleinen Stadt in der Nähe Brügges bis nach Göreme gefahren sind. Abends beim gemeinsamen Grillen kamen wir ins Gespräch. Beide sind ebenfalls dem Reisefieber verfallen und viel herum gekommen, so konnten wir Reisegeschichten austauschen und haben uns auf Anhieb gut verstanden. Die nächsten zwei Tage erkundeten wir dann die märchenhafte Gegend zusammen auf unseren Stahlrössern und hatten viel Spaß. Freddie wäre fast direkt mit nach Kapstadt gekommen, ich hatte den Eindruck dass er wirklich für einen Augenblick mit dem Gedanken gespielt hat. Nancy hätte es ihm erlaubt, aber dann ob siegte doch die Vernunft und die beiden haben sich auf den Rückweg an der Küste gemacht.

Nach drei tollen Tagen mit sehr netten Bekanntschaften (ich werde die Gespräche mit Ina aus Holland nicht vergessen, die mir als erfahrene Türkeireisende noch viele Einsichten in das für mich verschlossene Leben der Frauen im ländlichen Anatolien gegeben hat), bin ich dann Richtung Kommagene aufgebrochen, wo der Berg Nemrut mit seinem unglaublichem Panorama und dem Tempel des Antiochus auf mich wartet.

Bilder Kappadokien